Impulse

Improvisieren statt planen? Das neue Führen

Von Eva Planötscher-Stroh

Die disruptiven Bedingungen der letzten Jahre haben die Anforderungen an Führungskräfte und deren Führungskompetenz völlig verändert. Neue Rahmenbedingungen erzeugten eine starke Heterogenität in der Belegschaft: manche Mitarbeiter:innengruppen waren durch die Kurzarbeit monatelang zum Nichtstun gezwungen und mussten Gehaltseinbußen hinnehmen, während andere Teams mit der Krisenbewältigung an die Grenze der Belastbarkeit kamen. Daraus entstand die unmittelbare Notwendigkeit, Führung neu zu verstehen und zu definieren.

Der richtige Zeitpunkt, um etablierte Strukturen zu reflektieren

Veränderung ist auch immer eine Chance, Neues zu lernen und Bewährtes zu hinterfragen. Das gilt insbesondere in Betrieben mit etablierten, über Jahre gefestigten Strukturen und wenig Fluktuation bei den Mitarbeitenden. Neue Entwicklungen zwingen diese Unternehmen zu einer intensiven Auseinandersetzung mit Veränderungsprozessen. Darin liegt auch ein Risiko: Denn im Gegensatz zu stark volatilen Unternehmungen haben traditionellere Firmen den Umgang mit Veränderung (noch) nicht gelernt und müssen daher größere Anstrengungen unternehmen. Mittelfristig betrachtet sind diese Anstrengungen jedoch notwendig. Einerseits um das Unternehmen bei immer schnelleren Veränderungen strategisch zukunftssicher positionieren zu können und andererseits um in der New World of Work als Arbeitgeber:in attraktiv bleiben zu können.

Improvisationsfähigkeit, Resilienz und soziale Kompetenz als Schlüssel

Durch die rasanten Entwicklungen in den Bereichen Digitalisierung, interne Kommunikation und Führung hat sich die Bereitschaft und die Flexibilität, sich auf Veränderung einzulassen, zweifellos stark erhöht. Auch wenn sich das Entwicklungstempo sehr wahrscheinlich wieder etwas verlangsamen wird, haben die reduzierte Berechenbarkeit und die verminderten validen Planungsmöglichkeiten klar gezeigt, dass Improvisationsfähigkeit und Resilienz zentrale Kompetenzen für Führungskräfte sind.

Auf Seiten der Mitarbeitenden wird von den Führungskräften heute erwartet, dass sie nachvollziehbar und kongruent auf Transformation und Unsicherheit reagieren, dass sie sensibel und individuell auf die Bedürfnisse ihrer Teammitglieder eingehen und dass sie transparent und regelmäßig informieren. Diese Ansprüche an die Führungskraft sind nicht neu, aber in Krisenzeiten treten sie viel deutlicher zutage. Für die Führungskräfte bedeuten sie, dass es besonders wichtig ist, mehr zu informieren und zu kommunizieren – gerade weil hybrides Arbeiten zum Alltag geworden ist. Solche Situationen erfordern ein viel stärkeres und aktiveres Zugehen auf die Teamkolleg:innen, weil die räumliche Distanz das Spüren von Stimmungen stark einschränkt. Soziale Kompetenzen gewinnen an Bedeutung. Führungskräfte, die sich einseitig auf ihre fachliche Expertise fokussieren, verlieren dementsprechend an Wirksamkeit für das Unternehmen.

Was wir erfolgreich umsetzen konnten

Bereits zu Beginn der Pandemie haben wir begonnen, alle Mitarbeiter:innen täglich und zentral gesteuert via Newsletter über alle wichtigen Änderungen, Neuigkeiten und Regelungen innerhalb und auch außerhalb des Unternehmens zu informieren. Damit konnten wir alle erreichen, die unsere Theaterhäuser und Büros von einem Tag auf den anderen verlassen mussten. So konnten wir erfolgreich Sicherheit vermitteln und die Mitarbeitenden trotz räumlicher Entfernung weiterhin an das Unternehmen binden. Nachdem die internen COVID-19-Schutzmaßnahmen schrittweise gelockert wurden, reduzierte sich zwar auch die Frequenz unserer internen Infokampagne auf einmal wöchentlich, den Ansatz regelmäßiger Kommunikationskontakte mit unseren Mitarbeitenden über Mailaussendungen verfolgen wir jedoch weiter.

Darüber hinaus konnten wir erfolgreich flächendeckend MS-Teams einführen. Begleitet wurde die Einführung durch zielgruppengerechte Trainings. Bei Führungskräften wurde der Workshop beispielsweise um Bausteine zum Thema Führung von virtuellen Teams ergänzt. Allerdings konnten wir mittlerweile feststellen, dass die Bereitschaft und Motivation, an virtuellen Schulungen und Trainings teilzunehmen, sinkt. Deshalb ist es unser Ziel, unseren Mitarbeitenden auch bei Workshops und Schulungen ein hybrides Angebot zur Verfügung zu stellen.

Meine Empfehlungen

Was sollte beibehalten werden?

Hybrides Arbeiten und situatives Homeoffice haben sich als praktikable Lösungen erwiesen, die sich bei unseren Mitarbeiter:innen hoher Beliebtheit erfreuen. Auch das virtuelle Abhalten von Meetings wird erhalten bleiben, es reduziert Reisekosten, erleichtert die Terminplanung und schafft örtliche Unabhängigkeit.

Was sollte verstärkt werden?

Das Bewusstsein, dass man auch mit einer „normalen„ Erkältung besser zuhause bleibt und nicht alle Kolleg:innen in der Abteilung ansteckt. Die Möglichkeit zum hybriden Arbeiten macht uns hier viel flexibler.

Was sollte reduziert werden?

Aus meiner Sicht sind reine Online-Formate im Bereich von (Ganztags-) Trainings nicht zielführend und werden von den Kolleg:innen nur beschränkt angenommen.

Was sollte aufgegeben werden?

Die Illusion, dass wir zum früheren Status quo zurückkehren können. Hybrides Arbeiten ist zum Arbeitsalltag geworden.

Was sollte neu ergänzt werden?

Die Improvisationsfähigkeit sollte als wichtige Kompetenz für Führungskräfte etabliert und gefördert werden.

Gibt es einen konkreten Tipp?

In Krisenzeiten ist eine zentral gesteuerte, rasche und gut abgestimmte Informationspolitik wichtig. Daher empfiehlt es sich – falls vorhanden – einen „Alle“-E-Mail-Verteiler nur berechtigten Personen zugänglich zu machen.



Dieser Impuls ist ein Beitrag aus unserer Publikation LEADING NEW WORK - Herausforderung, Lösungsansätze und Denkanstöße von HR-Expert:innen. Interessiert? Hier kostenloses Exemplar bestellen.
 


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